Südpolarmeer stemmt sich gegen den Trend
Die Welt erw?rmt sich immer mehr ¨C bis auf eine Meeresregion, die sich dem allgemeinen Trend widersetzte. Wieso dem so ist, hat ein Forschungsteam der ETH Z¨¹rich und der Universit?t Princeton nun aufgekl?rt.
Klima- und Meeresforscher beobachten ¨¹berall auf der Welt, dass das Land und die Meere immer w?rmer werden. Im Durchschnitt ist die globale Temperatur ¨¹ber Landoberfl?chen seit Mitte des 19. Jahrhunderts um 1 Grad Celsius gestiegen, die der Ozeanoberfl?chen um 0,6 Grad. Besonders stark erw?rmen sich alpine Regionen oder die Arktis.
Anders verhielten sich jedoch Teile des S¨¹dpolarmeers, also jenes Ozeans rund um den antarktischen Kontinent bis zum 55. s¨¹dlichen Breitengrad. Zwischen 1982 und 2011 k¨¹hlte sich diese Meeresregion an der Oberfl?che ab. Am st?rksten war der Effekt im pazifischen Sektor, wo sich die Meeresoberfl?che um rund 0,1 Grad Celsius pro Dekade abk¨¹hlte, am kleinsten in den Sektoren des Atlantiks und des Indischen Ozeans.
Weshalb sich Teile des S¨¹dpolarmeers dem weltweiten Erw?rmungstrend widersetzten, konnten Klima- und Meereswissenschaftler bislang nicht ¨¹berzeugend erkl?ren. Nun hat eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von ETH-Professor Nicolas Gruber das R?tsel mit einem hochaufl?senden Ozeanmodell gel?st. Die Ergebnisse wurden soeben im Fachmagazin AGU Advances ver?ffentlicht.
Simulationen deuten auf Einfluss des Meereises
Anhand von Simulationen weisen die Forschenden nach, dass sehr wahrscheinlich Ver?nderungen des Meereises f¨¹r die Abk¨¹hlung der Oberfl?che des S¨¹dpolarmeers verantwortlich sind. Ber¨¹cksichtigten der Erstautor der Studie, Alex Haumann, und das Team im Modell die in natura beobachteten Ver?nderungen des Meereises, gaben die Simulationen die beobachteten Muster der Temperaturver?nderungen an der Meeresoberfl?che korrekt wieder. Vernachl?ssigten die Forschenden aber diesen Effekt und ber¨¹cksichtigten nur andere m?gliche Faktoren, wie etwa die st?rkere Ozeanzirkulation oder den erh?hten S¨¹sswassereintrag durch das Abschmelzen der Antarktischen Gletscher, konnten die Simulationen diese Muster nicht reproduzieren.
Die ?berlegung, dass das Meereis sehr wichtig sein k?nnte, basierte auf einer aussergew?hnlichen Beobachtung: Im Zeitraum von 1982 bis 2011, indem sich die Abk¨¹hlung abspielte, dehnte sich das Meereis im S¨¹dpolarmeer stetig weiter aus. In der Arktis hingegen schrumpfte das Meereis im gleichen Zeitraum deutlich.
Eistransport ist S¨¹sswassertransport
Bereits vor einigen Jahren entdeckten Haumann und Gruber und weitere Kollegen den Hauptgrund f¨¹r die gr?ssere Ausdehnung des Meereises im S¨¹dpolarmeer: ein durch st?rkere S¨¹dwinde angetriebener Transport von Meereis, das wie auf einem F?rderband weiter nach Norden ins offene Meer hinaustreibt. Das Eis bildet sich an der K¨¹ste aus gefrierendem Meerwasser. Dabei f?llt Salz aus, das Eis ist also regelrecht entsalzt. Im Sommer schmilzt das Eis, weitab der K¨¹ste auf dem offenen Ozean. Dadurch gelangt S¨¹sswasser in das Oberfl?chenwasser des S¨¹dpolarmeers, was den Salzgehalt (Salinit?t) des Meerwassers senkt.
Diese Verringerung des Salzgehalts an der Oberfl?che verst?rkte schliesslich die vertikale Schichtung des Meerwassers: das ?s¨¹ssere? und in diesem Teil des Ozeans leichtere Wasser verbleibt in der obersten, 100 Meter dicken Schicht. Darunter liegt dichteres salzigeres Wasser. Denn im Allgemeinen gilt: je salziger und k?lter das Wasser, desto gr?sser ist seine Dichte und desto tiefer ist es im Ozean eingeschichtet.
Weniger W?rmetausch zwischen Schichten
Die stabilere Schichtung reduzierte allerdings den W?rmeaustausch zwischen den tieferen Schichten und dem Oberfl?chenwasser, so dass die W?rme in der Tiefe eingeschlossen blieb. Hinzu kommt, dass die Luft ¨¹ber dem S¨¹dlichen Ozean im Winter im Allgemeinen k?lter ist als die Temperatur des Meerwassers. Zusammen mit der Verringerung des vertikalen W?rmeaustauschs im Ozean f¨¹hrte dies letztlich zu der beobachteten Situation, in der sich das Oberfl?chenwasser abk¨¹hlte und sich die darunterliegende Wasserschicht erw?rmte.
Die starke Rolle des Salzgehalts bei der Steuerung der vertikalen Schichtung ist eine Besonderheit des S¨¹dlichen Ozeans, da zwischen dem Oberfl?chenwasser des Ozeans und dem Untergrund tats?chlich nur ein sehr geringer Temperaturunterschied von nur wenigen Zehntel Grad besteht. Die vom Salzgehalt bestimmte starke Schichtung erkl?rt auch, warum sich die Schichten trotz Abk¨¹hlung der Oberfl?che nicht durchmischten.
Kein Argument f¨¹r Klimaleugner
?Die Abk¨¹hlung des S¨¹dpolarmeers ¨¹ber drei Jahrzehnte ist wirklich aussergew?hnlich, wenn man bedenkt, dass sich alle anderen Gebiete und insbesondere die Landoberfl?chen erw?rmt haben?, sagt Nicolas Gruber.
Nur weil sich eine Meereszone abk¨¹hle, heisse das nicht, dass sich das gesamte Klimasystem weniger erw?rme. Es handle sich hierbei lediglich um eine Umverteilung von W?rme im S¨¹dpolarmeer von der Oberfl?che in die Tiefe. ?Wir gehen davon aus, dass das Auftreten der Starkwinde, welche das Eis nach Norden auf die offene See bef?rdern, m?glicherweise ein Nebeneffekt des Klimawandels ist?, betont Gruber. ?Der Klimawandel ist klar menschgemacht. Dies l?sst sich trotz einer sich abk¨¹hlenden Meeresregion nicht vom Tisch wischen.?
Die vorliegende Studie beschreibt zudem nur die Situation bis zum Jahr 2011. ?Seit 2015 beobachten wir eine Umkehr. Das Meereis geht nun auch um die Antarktis massiv zur¨¹ck?, sagt der ETH-Professor. ?Und das liegt im Trend der fortschreitenden globalen Erw?rmung.?
Literaturhinweis
Haumann FA, Gruber N, M¨¹nnich M: Sea©\ice induced Southern Ocean subsurface warming and surface cooling in a warming climate. AGU Advances 2020, 1: e2019AV000132, doi: externe Seite10.1029/2019AV000132call_made